Die Kumpel seit Kindertagen spielen bald Oberliga

21 Spieler mit JFV RWD-Vergangenheit
Artikel vom 26. Mai 2025
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von Cord Krüger (Kreiszeitung)
Wetschens Wiege des Erfolgs: Die Kumpel seit Kindertagen spielen bald in der fünften Liga
Einige kicken teils schon seit Jahrzehnten zusammen, andere kehrten nach Abstechern bei anderen Fußballclubs zurück. Und jetzt steigen sie gemeinsam in die fünfte Liga auf: Sage und schreibe 21 Mann aus dem Kader des souveränen Landesliga-Meisters TSV Wetschen stammen aus dem JFV Rehden-Wetschen-Diepholz, dem die Wetscher seit dessen Gründung angehören. Die „Jungs“ von einst, ihre Trainer und der frühere Macher des JFV erinnern sich an Siege, Skurriles und schöne Zeiten unter Freunden.
Wetschen - Es krachte gewaltig beim ersten Kennenlernen von Joshua Heyer und Lennart Kruse. Gut 20 Jahre ist es her, als der kleine „Joshi“ mit den Bambinis der JSG Wetschen gegen Kruse und den Nachwuchs des TuS Wagenfeld antrat. „Nach zehn Minuten hatten wir uns acht Dinger gefangen“, erinnert sich Frank Heyer, der damals als Wetscher Trainer an der Linie des Fußball-Kleinfelds mitlitt. Inzwischen sind „Joshi“ und „Lenni“ längst Team- und Abwehrkollegen beim TSV Wetschen, seit zwei Wochen Landesliga-Meister – und somit bald Oberliga-Fußballer!
Doch nicht nur dieses Duo kennt sich seit Kindertagen, sondern fast alle aus Reihen des Aufsteigers. Und viele spielen schon viel länger zusammen. Sage und schreibe 21 Mann aus diesem Kader durchliefen meist mehrere Jahrgänge des JFV Rehden-Wetschen-Diepholz (RWD), sammelten gemeinsam in Bezirks-, Landes- und Niedersachsenligen Erfolge und Erfahrungen gegen starke Konkurrenten aus diversen Nachwuchsleistungszentren oder ärgerten bei internationalen Turnieren manche Favoriten. Vor allem aber festigten sie Freundschaften, die Wetschens Sportchef Thomas Otte jetzt als „unser großes Pfund“ bezeichnet. Offensivmann Philip Kürble kennt „kein vergleichbares Team, bei dem das auch so ist. Unsere Gegner sind immer wieder begeistert, wenn sie hören, dass die ganze Mannschaft aus unserer Heimatregion kommt.“
Viele der jetzigen Champions begleitete Frank Heyer – ob als Kreisauswahl-Coach, während seiner vier Jahre als Trainer der JFV-C-Jugend, im Vorstand als Koordinator der U17 oder als „Co“ der A-Junioren, die vor sechs Jahren sensationell die Niedersachsenliga-Meisterschaft feierten. „Dieser Aufstieg in die Regionalliga hat alle nochmal richtig zusammengeschweißt“, erinnert sich der 55-Jährige.
Als „unfairstes“ Team A-Jugend-Meister, als fairstes Team Landesliga-Champion
Torjäger Moritz Raskopp beschleicht bei dieser „schönsten Erinnerung“ an seine JFV-Zeit ein „ähnliches Gefühl“ wie vor knapp zwei Wochen, als er mit Wetschen den Titel feierte. „Nur war’s damals noch ein bisschen spannender.“ Teamkollege Lars Goebel, 2019 wie heute Torhüter, pflichtet ihm bei: „Am letzten Spieltag im Rehdener Stadion Meister zu werden, war schon eine geile Sache.“ Mittelfeldmann Lennart Greifenberg schwärmt vom „familiären“ Zusammenhalt in der Mannschaft – „wie jetzt“. Goebel nennt allerdings einen krassen Unterschied zu 2019: „Kurios ist, dass unser damaliger Trainer Drilon Gashi vor der Saison die Forderung aufgestellt hatte, Meister und gleichzeitig Letzter in der Fairnesstabelle zu werden – und wir beides geschafft haben…“ Mit dieser rustikalen Gangart können die acht Verbliebenen inzwischen nichts mehr anfangen: Wetschen führt seit drei Jahren die Fairnesswertung der Landesliga an.
An diesem vorbildlichen Verhalten erkennt Patrick Kürble die „JFV-DNA“ wieder: „In den verschiedenen Mannschaften gab es immer mal einen schwierigen Charakter. Aber den konnten die Jungs gut erziehen“, sagt der Mann, der den JFV acht Jahre als Vorsitzender, Motor und Manager prägte. Frank Heyer stimmt zu: „Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass die Regeln auf und neben dem Platz eingehalten wurden. Und wenn jemand über die Stränge schlug, wurde er eingenordet.“
Frank Heyer hat sie fast alle trainiert
Heyers Zeit als Jugendcoach begann jedoch weit vor der JFV-Gründung. „Wenn man drei Jungs hat, wechselt man eben so zwischen den Jahrgängen“, schildert der Bahnangestellte. So fing er als „Dompteur“ der Bambinis an, zu denen unter anderem sein Sohn Lukas (inzwischen mit zehn Saisons dienstältester Wetscher Erstherren-Akteur) und Phil Schwierking gehörten. „Der war damals noch ganz klein“, sagt der B-Lizenz-Inhaber schmunzelnd über den heutigen Abwehr-Hünen.
2010 reiften dann die Überlegungen, die Talente des TSV Wetschen, der SG Diepholz und des BSV Rehden zusammenzuführen. „Alle drei Vereine hatten schon Mannschaften im Bezirk. Wir wollten die Jungs in der Region halten, bevor sie zu starken Vereinen wie Blau-Weiß Lohne abwanderten“, verdeutlicht Heyer. Erik Lange von der SG fädelte ein Treffen der Jugendleiter ein. Patrick Kürble, damals Co-Trainer und Betreuer im Diepholzer Juniorenbereich, sollte moderieren. „Ich habe aber klargestellt, dass ich sicher kein Amt übernehmen werde“, berichtet der Zahnarzt schmunzelnd.
Zum Glück für den JFV kam es anders. Mit dem Diepholzer gelang 2011 die Vereinsgründung „nach sehr viel Überzeugungsarbeit bei den anderen Vereinen. Friedrich Schilling hingegen meinte, dass das die günstigste Jugendarbeit wäre, die er haben könnte“, erzählt Heyer. Allerdings tat der Rehdener Präsident einiges dafür, ergänzt Kürble: „Friedrich hat uns und mich immer unterstützt.“
Timo Hibbeler einst ein „dünner Spargel“
Die Männer der ersten Stunde sorgten für qualifizierte Trainer und Co-Trainer in jedem der zunächst sechs Teams – dieses Konzept sprach sich herum. Bisherige Liga-Konkurrenten wie Rehden und Diepholz mit Stürmer Moritz Raskopp (Heyer: „Der hat damals schon alles auseinandergeschossen“) wuchsen zu einem Kollektiv zusammen. „Irgendwann kamen die Sulinger dazu“, erinnert sich Heyer an den einst „dünnen Spargel“ Timo Hibbeler (heute Wetschens Kapitän) und Julian Fehse: „,Jule‘ ich habe recht schnell im offensiven Mittelfeld gesehen.“ Heute gilt Fehse auf mehreren Positionen in der Zentrale als Stratege – wie sein Kumpel und Nebenmann Greifenberg, der zeitgleich zum JFV kam.
Duelle mit späteren Bundesliga-Stars
Geboten bekamen sie einiges – auch abseits von Spielen und Trainingsplätzen. „Die RWD-Masters in der Winterpause haben allen Spaß gemacht“, denkt Turnierorganisator Kürble in Erinnerung an packende Hallenspiele gegen den Bundesliga-Nachwuchs von Werder, Dortmund und aus weiteren Nachwuchsleistungszentren. 2013 gewannen die Gastgeber sogar – unter anderem mit Philip Kürble und Wetschens jetzigem Flügelflitzer Finn Raskopp, dem älteren Bruder von Moritz. In den folgenden beiden Jahren reichte es zum Halbfinale. Torschützenkönig wurde 2014 übrigens Josha Vagnoman aus der U 14 des Hamburger SV, später U 21-Europameister und seit drei Jahren beim VfB Stuttgart.
„Chaotische Busfahrten“, aber „feiern konnte man gut“
Auf solchem Niveau, aber auch während der jährlichen Turniere in Barcelona, lernten die JFV-Cracks viel dazu. „Da bin ich aber nie mitgefahren“, gesteht Patrick Kürble, „die 20-stündigen Busfahrten waren mir zu viel.“ Sein Sohn Philip kann’s verstehen, denn er bezeichnet diese Touren als „immer sehr chaotisch“. Doch die Strapazen lohnten sich: „Das Highlight war unser Finalspiel vor knapp 7 000 Leuten“, verrät der 26-Jährige. „Das haben wir leider verloren. Feiern konnte man in Spanien aber trotzdem gut…“
Wenn auch mal mit unfreiwilligen Laufeinheiten im Anschluss. Greifenberg weiß noch, als „wir abends nach dem Essengehen auf dem Weg zurück zum Hotel überfallen wurden – manche mehr, manche weniger, weil wir schnell weggerannt sind“.
Vielleicht stählten solche Herausforderungen für den Alltag in den Landes- und Niedersachsenligen, in die es die C-, B- und A-Junioren schafften. Philip Kürble fragt sich allerdings noch immer, „wie es sein konnte, dass in der U 15 schon einige unserer Gegner mit dem Auto fahren durften“.
Als Kürble mit Polzin verhandelte...
Zu dieser Zeit hatte sich der JFV längst bei den Scouts großer Clubs einen Namen gemacht. Die Folgen: Extraschichten für JFV-Chef Kürble, etwa für die Verhandlungen mit Merlin Polzin. Der damalige U 17-Trainer des VfL Osnabrück schaffte es aber, Goebel an die Bremer Brücke zu holen. „Dass Polzin jetzt als HSV-Trainer die Bundesliga-Rückkehr geschafft hat, freut mich für ihn“, betont Kürble. Insgesamt bezeichnet der Diepholzer diese acht Jahre an der JFV-Spitze als „einen der schönsten Abschnitte meines Lebens“.
Ähnlich denken vielleicht auch manche JFV-Spieler von früher. Jedenfalls sprechen sie oft davon – etwa über Barcelona. „Da sorgt die Erinnerung an die gegnerische Trainerin Martha für Lacher, die behauptet hat, dass wir asozial wären“, berichtet Goebel aus diversen heiteren Runden im Mannschaftskreis. Allzu sehr übertreiben es „die Jungs“ an solchen Teamabenden aber nicht mehr, versichert Frank Heyer: „Dafür sind sie zu ehrgeizig. Aber sie legen großen Wert auf die Kameradschaft.“
Den seit damals gewachsenen Zusammenhalt der jetzigen TSV-Spieler sieht Sportchef Otte, früher selbst einer ihrer JFV-Trainer, als „ein wichtiges Plus, das uns auch in der nächsten Saison hoffentlich den einen oder anderen Punkt beschert. Die Jungs kennen sich in- und auswendig, die Abläufe im Spiel passen, und da wird es auch keine riesengroßen Veränderungen geben“, prophezeit er einen weitgehend unveränderten Kader.
Jetzige Erstherrenspieler sogar als Jugendtrainer im Einsatz
Die geringe Fluktuation freut auch den aktuellen JFV-Nachwuchs. Schließlich brauchen sie die „Großen“! Erstherren-Verteidiger Til-Jarne Lohaus trainiert zusammen mit Maximilian Meyer die U 9, „Luki“ Heyer und Alen Suljevic geben als Co-Trainer der zweiten C-Jugend etwas weiter. „Und die Kids sind begeistert, dass sie von Spielern aus der Ersten trainiert werden“, schildert Meyer.
Solch ein intaktes Vereinsleben sucht seinesgleichen – und veranlasste frühere JFV-ler zur Rückkehr. „Die Jungs haben untereinander Kontakt gehalten. Da fragt man schon mal: Wie läuft es bei euch? Bist du zufrieden?“, skizziert Heyer den einen oder anderen Ablauf eines Transfers. „Im nächsten Schritt reicht oft ein Tipp an Thomas Otte.“
„Ganz genau“, bestätigt der Sportliche Leiter, „und ich muss dann jedem erzählen, wie toll es in Wetschen ist...“ Stimmt nicht ganz, „denn großartige Überzeugungsarbeit brauchte Thomas nicht zu leisten“, weiß Heyer spätestens, seitdem Julian Fehse 2023 vom TuS Sulingen an die Bruchstraße zurückkehrte. „Joshi und Jule sind befreundet, und Jule wusste, wie es bei uns läuft“, erinnert sich Otte. Also schloss sich der Mittelfeldstratege dem TSV an – und brachte Innenverteidiger Hibbeler gleich wieder mit.
Abstieg? „Dafür ist das Gefüge zu gefestigt“
In dieser Konstellation „glaube ich nicht, dass diese Mannschaft gleich wieder aus der Oberliga absteigt“, vertraut Heyer seinen früheren Schützlingen: „Dafür ist dieses Gefüge zu gefestigt.“ Ein Gefüge aus langjährigen Gefährten eben.
Von Knirpsen zu Champions: Die einstige F-Jugend der JSG Wetschen im Jahr 2004 mit ihrem Trainer Frank Heyer (l.). Jetzt, mehr als 20 Jahre später, feierten Phil Schwierking (hinten, 4. von links) und Lukas Heyer (neben ihm, 5. von links) nach einer überragenden Saison die Landesliga-Meisterschaft.
Aufstieg in die zweithöchste deutsche A-Jugend-Klasse: Die U 19 des JFV Rehden bejubelte 2019 den Niedersachsenliga-Titel. Sechs Jahre später sind noch acht Akteure in Wetschens Meistermannschaft: Lennart Greifenberg (vorn, 2. v. l.), Lars Goebel (vorn, 7. v. l.), Maris Thiry (vorn, 3. v. r.), Julian Fehse (vorn, 2. v. r.) sowie Claas Langhorst (hinten, 5. v. l.), Moritz Raskopp (hinten, 6. v. l.), Joshua Heyer (hinten, 8. v. l.), und Timo Hibbeler (hinten, 5. v. r.).